Koalitionsvertrag

8. Wohnen und Bauen

  • 8.1 Stadtumbau und Dorfentwicklung

     

    Es besteht Einigkeit, mit einer umfangreichen Analyse der aktuellen Situation des Flächen-, Bau- und Wohnungsmarktes sowie der Strukturen der Raumbeobachtung in ganz Thüringen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, passgenaue und attraktive, bedarfsgerechte Angebote sowohl in den urbanen Zentren als auch im ländlichen Raum zu ermöglichen. Wir wollen darauf aufbauend Programme entwickeln und Maßnahmen ergreifen, die unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und von Raumordnungsbelangen nachhaltige Zukunftschancen für die Menschen in Thüringen bieten und bessere Lebensbedingungen für alle schaffen. Wir wollen damit die Attraktivität aller Regionen Thüringens steigern, der Abwanderung entgegen wirken und Thüringen zukunftsfest machen.

    Wir streben außerdem an, die unterschiedlichen Kataster, Monitoring-Systeme und Datenbanken mit flächenrelevanten Merkmalen zusammenzufassen und alle Daten mit Raumbezug auf einer öffentlich zugänglichen Plattform zur Verfügung zu stellen.

    In Thüringen bestehen spürbare regionale Unterschiede im Wohnungsangebot und eine zunehmende Ausdifferenzierung des Bedarfs an Wohnraum insgesamt sowie an spezifischen barrierefreien, familiengerechten oder auf Ein-Personen-Haushalte zugeschnittenen Wohnangeboten.
    Die Fortführung des Stadtumbaus und dessen Anpassung an die unterschiedlichen Erfordernisse bleibt wichtige Aufgabe. Die Verbesserung der Energieeffizienz der Wohnquartiere und die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für einkommensschwache Haushalte sind als vordringliche Ziele des Stadtumbaus zu definieren.

    Wohnungsrückbau wollen wir dort unterstützen, wo er notwendig ist. Dabei wollen wir uns auch mit der Notwendigkeit auseinandersetzen, private Eigentümer von Wohnraum mit Anreizen zum Rückbau zu bewegen, um eine Schieflage zu Lasten von genossenschaftlichem und öffentlichem Wohnungsbestand zu vermeiden. Die Nutzung bestehender Fördermittel, wie auch die Gestaltung der rechtlichen Gegebenheiten für die Entwicklung entsprechender Instrumente, soll dahingehend geprüft werden. Ebenfalls ist zu prüfen, ob finanzielle Anreize zum Rückbau geschaffen werden können.

    Die Unterstützung von Sanierungsbeiräten, Bürgerforen und Bürgerwerkstätten soll den Stadtumbau bürgerfreundlicher gestalten. Wir fördern die Stärkung demokratischer Elemente im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge durch die Schaffung von Mieterbeiräten in kommunalen Wohnungsunternehmen.

    Die bestehenden Programme für Dorferneuerung und LEADER sollen geprüft und für die Beseitigung infrastruktureller Defizite sowie für die Dorfkernsanierung und -revitalisierung genutzt werden.

  • 8.2 Gutes Wohnen

     

    Wohnen ist kein Gut wie jedes andere, sondern existenzielles Grundbedürfnis. Deshalb ist ein ausreichendes Angebot an preiswertem Wohnraum ein wichtiges Kriterium der künftigen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.

    Dies gilt unter anderem bei der Berücksichtigung der Heizkosten im Wohngeld, bei der sozialverträglichen energetischen Wohnraumsanierung, der Ermittlung des Wohnraumbedarfs sowie bei der Baulandförderung.
    Dem unverhältnismäßigen Anstieg der Mieten in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt muss vor allem mit mehr Wohnungsbau begegnet werden.

    Dazu wollen wir:

    • den sozialen Wohnungsbau fördern,
    • Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt bei der bedarfsorientierten Bereitstellung von Bauland unterstützen,
    • die Nutzung kommunaler Instrumente der Mietpreisstabilisierung anregen,
    • bei entsprechender Mietpreisbindung auch über Zuschüsse Anreize für die Schaffung preiswerten Wohnraums setzen.

    Um Mieterinnen und Mieter vor schnell steigenden Mieten zu schützen, wollen wir in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie Erfurt, Weimar und Jena zügig eine Mietpreisbremse (Bestandsmieten) einführen. Die notwendige Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse wollen wir in Abstimmung mit den betroffenen Kommunen zügig auf den Weg bringen.

    Im Hinblick auf die jüngste Mietrechtsreform werden wir auf Bundesebene Initiativen für die Stärkung der Interessen von Mieterinnen und Mietern prüfen – insbesondere die Wirkung der beschlossenen Mietpreisbremse (Wieder- bzw. Neuvermietung) in Thüringen. Bei Bedarf soll die Landesregierung durch eine Bundesratsinitiative dafür eintreten, sie weiterzuentwickeln und die Bewertungsgrundsätze für Mietspiegel zu erweitern. Künftig sollen die tatsächlichen Bestandsmieten der Ermittlung der maximalen Miethöhe zugrunde liegen.

    Wir wollen ein besonderes Augenmerk auf die Förderung von altersgerechtem, barrierefreiem, barrierearmem und energieeffizientem Wohnen legen. In diesem Zusammenhang soll gemeinsam mit den Akteuren des Wohnungsbaus, der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und den sozialen Diensten geprüft werden, wie durch Wohnungsumbau mehr Menschen die Möglichkeit eingeräumt werden kann, in ihren Wohnräumen zu verbleiben.

    Förderung des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus

    Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Wohnungsmarktes sehen wir die Notwendigkeit, künftig stärker auf den Mietwohnungsbau durch Genossenschaften und kommunale Unternehmen zu setzen. Es soll geprüft werden, inwieweit eine Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit der kommunalen Wohnungsunternehmen geeignet ist, eine dementsprechende Entwicklung zu befördern.

    Wir wollen prüfen, inwieweit die Unterstützung kommunaler und genossenschaftlicher Unternehmen durch eine Befreiung von der Grunderwerbssteuer bei Fusionen sowie kommunaler Wohnungsbauunternehmen durch eine Entlastung bei bestehenden Altschulden möglich ist.

  • 8.3 Internationale Bauausstellung (IBA) / Baukultur / BUGA / Landesgartenschau / Denkmalpflege

     

    Mit der IBA Thüringen hat sich das Land zu einem besonderen Format der Landesentwicklung und Zukunftsplanung bekannt. Wir sehen in der IBA Thüringen ein herausragendes Projekt, das Innovationen und Exzellenz miteinander verbinden soll und das die Zukunftsfähigkeit, Weltoffenheit und Nachhaltigkeit des gesamten Freistaats stärken soll.

    Die IBA soll dazu beitragen, Innovationen und neue Qualitäten für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung zu erarbeiten, die Vorbild für die zukünftige Entwicklung der Städte und Regionen sein können.

    Die Internationale Bauausstellung (IBA) leistet einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Baukultur – auch und gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Stärkung der Stadt-Land-Beziehungen.

    Der Freistaat bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Gestaltung, Durchführung und Teilfinanzierung der Bundesgartenschau 2021 Thüringen sowie der Landesgartenschauen. In diesem Rahmen wird der Freistaat unter anderem auf dem Petersberg das „Schaufenster Thüringen“ präsentieren.

    Für uns ist der Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Es besteht Einigkeit, das Thüringer Denkmalschutzgesetz zu novellieren. Ziel ist unter anderem, die Zusammenarbeit aller Bundes-, Landes- und kommunalen Aufgabenträger in diesem Bereich zu optimieren.

    Wir bekennen uns zu innovativen Projekten im Bereich der Denkmalpflege und Städtebauförderung.

    Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Verbänden, z.B. der Architekten- und Ingenieurkammer, zur Weiterentwicklung der Bau- und Planungskultur und im Zeichen der Herausforderungen des Klimawandels verstärkt werden.

    Die öffentliche Vergabe von Planungsleistungen soll im Sinne der Baukultur stärker nach qualitativen Kriterien erfolgen. Es sollen mehr Planungswettbewerbe ermöglicht werden. Die Architekten- und Ingenieurkammer und die Stiftung Baukultur sind wichtige Partner im Bereich Nachhaltigkeit, Baukultur, Bildung, Verbraucherschutz und Beratung.

  • 8.4 Förderprogramme

     

    Der soziale Wohnungsbau wird spürbar gefördert, indem eine Zuschussförderung eingeführt wird, die der Bauherr direkt erhält. Fördervoraussetzung ist das Vorliegen eines städtebaulichen Konzepts oder eine städtebauliche Bestätigung der Notwendigkeit des Neubaus durch die Kommune.

    Über die Zuschussförderung hinaus sollen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zusätzliche Anreize zur Schaffung preisgebundenen Wohnraums gesetzt werden. Förderprogramme zur Wohnraumstabilisierung und Wohnumfeld-Verbesserung werden fortgeführt.

    Wir werden das lebenslange Wohnen und energieeffiziente Bauen fördern und dabei bundespolitische Förderprogramme berücksichtigen.

    Die Städtebauförderung soll auch für die durchgängige Begrünung der Städte und Gemeinden genutzt werden. Im Programm Soziale Stadt sollen in Anwendung des Bundesprogrammes auch nicht-investive Maßnahmen zur Begleitung von Investitionen ermöglicht werden.

    Das Programm „Energieeffizient Sanieren“ soll überprüft und in geänderter Form fortgeführt werden.

    Die Thüringer Energieeffizienz-Offensive (ThEO) wollen die Parteien fortsetzen und auf den Gebäudebereich ausweiten, um Beratung und technische Hilfen bereitzustellen.

    Die Informationen für private und öffentliche Investoren zur Nutzung von Landes- und Bundesprogrammen sowie Fördermitteln, z.B. der Kreditanstalt für Wiederaufbau, sollen bei der Thüringer Aufbaubank (TAB) gebündelt und in einem zielgruppenorientierten Internet-Portal aufbereitet werden. Ein weiteres Ziel ist es, die Bearbeitung der Förderprogramme weitgehend bei der TAB zusammen zu führen.

    Sämtliche bestehende Förderprogramme des Landes in den Bereichen Wohnungsbau und Stadtentwicklung und Entwicklung des ländlichen Raums werden überprüft und gegebenenfalls angepasst. Außerdem sollen die Kommunen unterstützt werden, um die komplexen Anforderungen von Planungsprozessen und den Umgang mit Förderinstrumenten zu gewährleisten. Ziel ist die stärkere Ausrichtung der Programme an den in diesem Vertrag formulierten Schwerpunktzielen. Es soll zudem geprüft werden, in wie weit darüber hinaus eine Unterstützung der Thüringer Kommunen bei der Beseitigung von Schrottimmobilien notwendig und möglich ist.

    Das Thüringer Familienbaudarlehen zur Schaffung eigengenutztem Wohnraums und der Thüringer Sanierungsbonus sollen überprüft und fortgeführt werden.