44 Sitze sind keine Mehrheit

Gemeinsame Erklärung von Ulrike Grosse-Röthig und Christian Schaft


Nun ist klar: Mario Voigt strebt entgegen seines Versprechens im Wahlkampf keine Mehrheitsregierung für Thüringen mehr an. Der Beschluss seiner Partei, nur BSW und SPD zu Sondierungsverhandlungen einzuladen und weiterhin Gespräch mit der Linken auszuschließen, bedeutet rein rechnerisch: Eine künftige Koalition wird lediglich mit 44 Stimmen im Landtag agieren können und auch bei Anwesenheit aller ihrer Abgeordneter keine eigene Mehrheit haben. 44 Stimmen reichen zwar, um Mario Voigt im dritten Wahlgang auf den Sessel des Ministerpräsidenten zu hieven. Doch für die Aufstellung der künftigen Landeshaushalte oder den Beschluss einfacher Gesetze reichen diese 44 Stimmen einfach nicht aus. Und das bedeutet: Voigt will das Land weiterhin mit einer Minderheitsregierung führen. Der versprochene Wechsel mit einer stabilen Mehrheitsregierung ist das nicht und bedeutet: Haushalte, Gesetze und Beschlüsse sollen wohl zukünftig mit wechselnden Mehrheiten zustande kommen. Damit macht die CDU die Tür zur AfD weit auf und gibt der faschistischen Partei unnötig Macht in die Hand.

Will er mit einer CDU geführten Minderheitsregierung künftig zu demokratischen Mehrheiten kommen, wird er sich aber Gedanken machen müssen, wie das in dieser Konstellation gehen soll. Wer die Verantwortung übernehmen will, das Land zu gestalten, kann sich um die Antwort auf diese Frage nicht drücken. Wer Ministerpräsident Thüringens sein und eine Regierung stabil durch die anstehenden schwierigen Aufgaben führen will, der muss mit allen demokratischen Parteien das Gespräch suchen und führen können. Auch daran misst sich politische Größe und zeigt sich, ob eine Person der hohen Verantwortung des Amtes gerecht werden kann - gerade dann, wenn die eigene politische Mehrheit andernfalls vom Gutdünken der faschistischen AfD abhängen würde.

Nun aber zu glauben, wir wären eine willenlose Mehrheitsbeschafferin, die genutzt werden können, wie eben mal gebraucht ist von Voigt zu kurz gedacht. Wenn BSW genauso denkt, liegen sie ebenso falsch. Und wer wie die SPD richtigerweise ausgeschlossen hat, Mehrheiten mit der AfD zu suchen, muss ich aber im Klaren sein worauf man sich in dieser Konstellation einzustellen hat. Wir sind zwölf Stimmen und nicht eine, vier oder fünf. Wir stehen geschlossen mit zwölf Stimmen im Landtag und einer klaren Vorstellung davon, wie ein soziales, gerechtes und demokratisches Thüringen aussehen kann. Mit unseren Initiativen werden wir dafür werben. Unser 90-Tage-Programm ist dafür ein Anfang. Anhand  unserer politischen Vorstellungen werden wir künftig parlamentarische Initiativen der demokratischen Parteien und Entwürfe zu den Landeshaushalten messen. Die Errungenschaften aus zehn Jahren Rot-Rot-Grün werden wir dabei mit aller Konsequenz verteidigen, das ist klar. Unsere Zustimmung zu Haushaltsbeschlüssen oder Gesetzen wird es ausschließlich für fortschrittliche Politik geben - daran werden wir Vorschläge und Initiativen messen.