Am 8. Mai wurde Europa vom Faschismus befreit

Michael Stammberger

Heute jährt sich zum 79. Mal der Tag der Befreiung vom menschenverachtensten, barbarischsten System in der Weltgeschichte, dem deutschen Faschismus.

Befreit wurden Menschen aus Zuchthäusern, Gefängnissen und Vernichtungslagern, befreit wurden Menschen von den Schrecken und Vernichtungen des Krieges, befreit wurden Bürgerinnen und Bürger von politischer Verfolgung und Demütigung, befreit wurden Deutschland und mit ihm Europa, befreit wurde die ganze Welt.

Der 8. Mai 1945 war ein Neubeginn für Demokratie, Humanismus, Kultur und freien Geist.

Der Zweite Weltkrieg bedeutete in erster Linie eine menschliche Tragödie. Die Kriegshandlungen selbst sowie ihre unmittelbaren Folgen hatten weltweit etwa 60 bis 70 Millionen Menschen das Leben gekostet, in der Mehrzahl Zivilisten. Allein die Sowjetunion beklagte 27 Millionen Tote, knapp die Hälfte davon Angehörige der Roten Armee, von denen wiederum jeder Vierte nicht im Kampf fiel, sondern in deutscher Kriegsgefangenschaft umkam. Der Aggressor Deutschland beklagte 6,35 Millionen Tote – weit überwiegend Soldaten. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Fernen Osten. China verzeichnete als Hauptleidtragender der japanischen Aggression zwischen 1937 und 1945 etwa 13,5 Millionen Tote, Japan dagegen "nur" 3,76 Millionen. In Indien wiederum, das lediglich am Rande Kriegsschauplatz geworden war, waren allein zwei Millionen Menschen infolge kriegsbedingter Nahrungsmittelverknappung verhungert. Am stärksten gelitten hatte jedoch Polen mit sechs Millionen Toten. Jeder sechste Einwohner des Landes war ums Leben gekommen. Diese Schreckensbilanz verbindet sich mit derjenigen des Mordes an den europäischen Juden. Denn jeder zweite getötete Pole war jüdischen Glaubens. Insgesamt fielen während des Krieges etwa sechs Millionen europäische Juden dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. In weiten Teilen Europas war jüdisches Leben nahezu ausgelöscht.

Wir gedenken auch hier, am Gedenkstein, des Todesmarsches von 1945 an der ehemaligen Zahnradfabrik in Sonneberg. Häftlinge aus Buchenwald waren in der Zahnradfabrik, die ausschließlich Kriegsproduktion fertigte, unter bestialischen Bedingungen eingesetzt. Heute sind nur noch versteckte Reste eines ehemaligen Wachturms im Wald hinter dem Gedenkstein zu finden.

Ein bis dahin von sowjetischen Kriegsgefangenen belegtes Barackenlager wurde geräumt und zum KZ-Außenkommando Sonneberg umgestaltet. Am 14. September 1944 wurde das mit anfangs 260 männlichen Häftlingen besetzte Lager auf dem Werksgelände der Thüringer Zahnradwerke mbH Sonneberg in Betrieb genommen. Die Anzahl der Häftlinge stieg ständig, sodass es am 1. Januar 1945 bereits 445 Häftlinge waren, und auch danach stieg die Anzahl weiter. Die Sterberate war sehr hoch. Kurz vor der Auflösung des Lagers im April 1945 kam es zu einem Massaker, bei dem mindestens 40 Häftlinge getötet wurden.
Am 4. April 1945 begann der Todesmarsch aus dem Lager von Sonneberg über Steinach schließlich Richtung Prag. Von insgesamt 800 Häftlingen und Kriegsgefangenen des Todesmarsches überlebten nur 200 die Torturen, die anderen wurden auf dem Weg ermordet.

Nach ihrer Befreiung haben die Gefangenen aus dem KZ Buchenwald geschworen „Nie wieder!“ Sie wollten die Wurzeln des Faschismus zerstören und eine Welt des Friedens und der Freiheit erkämpfen.

Heute träumt die AfD davon, Menschen massenhaft zu deportieren, die nicht in ihr Weltbild passen. Wir sagen: Nie wieder ist jetzt!

In den vergangenen Monaten gingen viele Millionen Menschen auf die Straße: für Solidarität und gegen rechte Hetze. Wir auch. Wir kämpfen gemeinsam mit allen, die gegen den Faschismus aufstehen.
Es ist wichtig, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung vom Faschismus zu verstehen. Das wiegt umso schwerer, als wir heute wieder eine im Kern faschistische Partei im Bundestag und den Landtagen haben, die den Nationalsozialismus als ›Vogelschiss‹ in der deutschen Geschichte abtut. Diese bildet mit ihrer Hetze gegen Minderheiten den Nährboden für rechte Gewalt und begreift den 8. Mai immer noch als "Tag der Niederlage".

Es ist längst Zeit, dass der 8. Mai auch in Deutschland zum gesetzlichen Feiertag wird.

Der Tag der Befreiung als bundesweiter Gedenk- und Feiertag kann Raum für das gemeinsame Gedenken bieten. Erinnerung bleibt nur lebendig, wenn sie als Teil heutiger gesellschaftlicher Diskussion erhalten bleibt. Antisemitische Angriffe, Verachtung für Andersdenkende und Andersgläubige sind Gründe genug, den 08. Mai als Gedenk- und Feiertag für Humanität, Toleranz und Demokratie und als Tag der Erinnerung an die Opfer sowie an die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu machen.
Mit Blick auf den 80. Jahrestag der Befreiung im nächsten Jahr würde dies ein klares politisches Zeichen setzen. Hierfür steht Die Linke!