Entwurf des Schulgesetzes in der Diskussion

MSt

Schultour von Knut Korschewsky mit dem bildungspolitischen Sprecher der Fraktion der LINKEN, Torsten Wolf

Die erste Station der Schultour führte die beiden Politiker an das staatliche Gymnasium in Neuhaus am Rennsteig. Auf Einladung der Direktorin Frau Geyer nahmen an dem Gespräch auch die stellvertretende Schulleiterin, der Oberstufenleiter, der Vorsitzende des Schulfördervereins, ein Fachlehrer sowie ein Vertreter des Stadtrates teil.

Zu Beginn des Gespräches stellte Frau Geyer den Gästen das Profil und die Entwicklung der Schule vor. Die Bedingungen sind aus ihrer Sicht gut. Die 490 Schülerinnen und Schüler kommen sowohl aus dem Landkreis Sonneberg, dem Landkreis Saalfeld/Rudolstadt sowie aus dem Bayerischen. Damit besteht ein verhältnismäßig großer Einzugsbereich. Die Anfang der 90ziger Jahre neu gebaute Schule ist vor allem im digitalen Bereich wesentlich weiter als viele andere vergleichbare Schulen. Trotzdem haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussion den Politikern mehrere offene Fragen und Probleme in das Stammbuch geschrieben. Unter anderem wurde über folgende Fragen diskutiert: Was passiert mit unserer Schule wenn die Schülerzahlen unter den Vorgaben des Gesetzes liegen? Was versteht der Gesetzgeber unter Kooperation von Schulen? Welche Bedingungen sind Voraussetzung für eine gelingende Kooperation? Wie kann das zur Verfügung stehende Schulbudget voll umfänglich nutzbar gemacht werden? Was ist hierbei hinderlich? Was ist notwendig, um einer besseren Lehrergesundheit vorzubeugen?

Begrüßt wurde von den anwesenden Lehrern, dass ab dem 1. Januar 2020 geleistete Überstunden auch vergütet werden. Dabei wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der bürokratische Aufwand gering sein muss.

Torsten Wolf reagierte offen und ehrlich auf alle aufgeworfenen Fragen. Nicht alle Fragen konnten an dem Tag beantwortet werden. Er versicherte aber, die heutige Diskussion in die Diskussion um das Schulgesetz mit einzubringen. Auch für Knut Korschewsky war es wichtig, die Fragen und Probleme der „Fachleute“ aufzunehmen und in die weitere Diskussion einzubringen.

Die zweite Station der gemeinsamen Schultour von MdL Knut Korschewsky und dem Bildungspolitischem Sprecher der Linksfraktion im Thüringer Landtag war der Besuch der Grundschule Oberlind. Empfangen wurden die Gäste durch die Schulleiterin Frau Schindhelm, Grundschullehrerinnen, einem Elternsprecher und dem Schulelternsprecher. Nach einem Schulrundgang und der Besichtigung des neuen Hortgebäudes erläuterten die Schulleiterin und die Grundschullehrerinnen die wesentlichsten Probleme an der Schule.
An der Grundschule Oberlind sind derzeitig 195 Schülerinnen und Schüler, wobei 178 den Hort besuchen. Viele Eltern aus dem Unterland würden arbeitsbedingt ihre Kinder lieber an dieser Schule beschulen lassen, doch dies ist leider nicht möglich. Das Kollegium hätte sich eine Dreizügigkeit gewünscht, doch die aktuelle Schulnetzplanung des Landkreises lässt nur eine Zweizügigkeit zu.
Spielgeräte auf dem Schulhof sind leider nicht vorhanden, werden deshalb dringend benötigt.
Auch die anstehende Teilsanierung der Schule sieht das Kollegium mit gemischten Gefühlen.
Einerseits sollen zwar Fußbodenarbeiten, Sanitärarbeiten sowie Arbeiten im Brandschutz stattfinden,
andererseits muss die komplette Schule für mindestens ein Jahr an die leerstehende Schule in Köppelsdorf umziehen. Eine vollständige Sanierung der Schule während dieser Zeit, wäre aus Sicht der Anwesenden daher sinnvoller gewesen. Auch steht während dieser Zeit das neue Hortgebäude vollkommen leer.
Aktuell bereiten die Klassenstärken von 28 Schülerinnen und Schüler auch aufgrund der sehr kleinen Unterrichtsräume erhebliche Probleme. Auch die Anzahl von 15 „normalen“ Schülerinnen und Schüler und 11 Schülerinnen und Schüler mit erhöhtem Förderbedarf bzw. Migrationshintergrund in einer Klasse, ohne bzw. mit zu wenig Unterstützung durch das notwendige Fachpersonal, bereitet derzeit enorme Probleme. Die Doppelanrechnung von nur zwei Schülerinnen und Schüler mit erhöhtem Förderbedarf in einer Klasse ist für das Kollegium nicht nachvollziehbar.
Bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund wünschten sich die Lehrerinnen „Willkommensklassen“ und eine mögliche Zurückstufung bis 3 Jahre.
Auch die vorgesehene alleinige Entscheidung des Arztes über den Beginn des Schulbesuches sollte noch einmal überdacht werden.
Außerdem wurde auch auf die Berechtigung von Förderschulen seitens der Lehrerinnen verwiesen.
Unverständnis äußerte auch das Kollegium über die Neuausschreibung der Stellen von zwei ausgeschiedenen Hortnerinnen mit bisher 80% VBE durch das Schulamt Südwestthüringen, mit nur noch 60%VBE. Fachkräfte bewerben sich aufgrund dieser niedrigen Stundenzahl leider nicht.
Auch die Nutzung der Mittel aus dem 6,5 Mio schweren Schulbudget der Landesregierung bereite noch große Sorgen. Hier müsse es Veränderungen geben, damit die Mittel auch wirklich genutzt werden können.
Torsten Wolf gab Antworten auf die Fragen des Kollegiums und versprach die Anregungen mit nach Erfurt zu tragen.

Ähnliche Fragen und Probleme hatte auch das Kollegium der Gemeinschaftsschule in Neuhaus- Schierschnitz.
Schulleiterin Frau Eschrich erläuterte den Abgeordneten, dass derzeit zwei Schulstandorte mit insgesamt 370 Kindern existieren.
Dies sind die Grundschule in Föritz (Schwärzdorf) mit 8 Klassen und die Schule in Neuhaus-Schierschnitz mit 10 Klassen. Die Räumlichkeiten sind sehr beengt, so dass sogar zeitweise der Gemeindesaal und die Werkräume für den regulären Unterricht genutzt werden müssen. Deshalb ist die Fertigstellung der teilsanierten Unterrichtsräume im Kellerbereich dringend nötig. Dabei hofft man auf die Einsicht der Kreistagsmitglieder und der damit verbundenen Bereitstellung der finanziellen Mittel.
Durch den geplanten Neubau, der Weiternutzung der alten Schule, soll ein Schulcampus mit den Klassenstufen 1-10 entstehen. Der Schulstandort in Föritz fällt dadurch zwar weg, doch die Probleme werden nicht kleiner. Es existiert leider nur eine Turnhalle, welche nicht nur zu klein, sondern auch total marode ist. Eine neue, größere Turnhalle ist deshalb die Voraussetzung für einen entsprechenden Unterricht.
Auch im Hortbereich haben die Lehrerinnen große Wünsche. Es müssen mehr Hortnerinnen als Seiteneinsteiger zugelassen werden, natürlich mit der Möglichkeit einer entsprechenden Weiterqualifizierung.

Wünsche, Anregungen und Fragen gab es nicht nur seitens der Lehrerinnen in Oberlind und Neuhaushaus-Schierschnitz, sondern auch von den Besuchern der Veranstaltung am Abend in der Wolke 14 unter dem Motto „Live aus dem Landtag“ So gab es auch hier folgende Fragen:
Warum haben wir in Thüringen so eine schlechte Schulsituation?  Warum fehlen so viele Lehrer und Erzieher in den Horteinrichtungen? Sollen Schulen geschlossen werden, falls sie den Größenvorgaben des Landes nicht entsprechen? Sollen Förderschulen geschlossen werden? Wie soll Inklusion funktionieren?
Torsten Wolf nahm die Fragen auf und beantwortete diese ausführlich.
Wolf legte dar, dass die Vorgängerregierungen seit 15 Jahren keine Lehrerinnen und Lehrer mehr eingestellt haben, Ausnahme ist das Jahr 2008, hier wurden 5 Lehrer eingestellt. So fehlt eine komplette Lehrergeneration im Alter zwischen 35 und 50 Jahren. Nach den Haushaltsplänen der CDU/SPD Landesregierung aus dem Jahre 2014, hätten im Doppelhaushalt 2018/2019 1106 Lehrerinnen und Lehrer entlassen werden müssen. Rot-Rot-Grün hat allerdings den Stellenabbaupfad verlassen und alleine 1100 Lehrerinnen und Lehrer im Jahr 2018 eingestellt. Nach Ende der Legislatur werden es 3500 sein. Auch im Bereich der Schulinvestitionen haben CDU / SPD in der vergangenen Legislatur mehr als gespart. Hierfür wurden 75 Mio. € bereitgestellt, in dieser Legislatur werden es 375 Mio sein. Es wurde also ein Scherbenhaufen hinterlassen, der mit viel Arbeit und Mühe beseitigt werden muss. Thüringen ist bis jetzt das einzige Bundesland ohne Vorgaben von Klassen-und Schulgrößen in einem Schulgesetz. Es kann einerseits nicht sein, dass Thüringen deutschlandweit das beste Lehrer-Schülerverhältnis habe, aber anderseits den meisten Stundenausfall.
Wolf stellt klar, dass das Ziel im neuen Schulgesetz eine Unterrichtsabsicherung, der Standorterhalt und die Schaffung der personellen, sächlichen und räumlichen Rahmenbedingungen für eine inklusive Beschulung sei. Vor allem auf dem Gebiet der Inklusion gibt es noch sehr viel zu tun.
Torsten Wolf machte klar, dass sich das heutige gegliederte Schulsystem mit Inklusion wenig verträgt. Gebraucht werden in dieser Frage gut funktionierende Gemeinschaftsschulen.
So sollte auch ein förderpädagogisches Fach im Lehrerstudium eingeführt werden. Bis alle Voraussetzungen stimmen, wird es daher zu keinem Abbau der Förderschulen kommen, sondern der Bedarf wird steigen. Generell werden die Eltern das letzte Wort haben, wo sie ihre Kinder in dieser Frage einschulen lassen.
Auch bei der Beschulung der Flüchtlingskinder soll es Veränderungen geben. So sind im neuen Schulgesetz wesentliche Veränderungen vorgesehen. So stehen diesen Kindern echte 10 Schulbesuchsjahre zu. Angeregt von den Gästen wurden auch entsprechende Vorbereitungsklassen und Beschulung in den Klassen, welche dem jeweiligen Entwicklungsstand entsprechen und die
“altersgerechte“ Beschulung aufzugeben.
Katrin Malter, die Schulleiterin von Schalkau regte an, die Sockelzuweisung der Lehrer aufgrund der Bildung von Gemeinschaftsschulen zu verändern. Bei der TGS Schalkau habe man  hierbei 3,7 Lehrer
weniger zugewiesen bekommen im Vergleich zu dem Stand, als die Schulen noch alleine waren.
Torsten Wolf nahm dieses Problem ebenfalls auf und versprach, dies zu klären.
Marianne Reichelt regte an, aus der Grundschule, der Regelschule und dem Gymnasium von Neuhaus am Rennweg, eine echte Gemeinschaftsschule aus den Klassenstufen 1-12 zu machen.

Torsten Wolf betonte abschließend eindringlich, wenn die Bildung in Thüringen zukunftsweisend gestaltet werden soll, müssen die entsprechenden Kooperationsmodelle zwischen den Schulen eine entscheidende Rolle spielen. Um diese Kooperation der Schulen aufzubauen, habe man nach Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.08.2020 noch 4 Jahre Zeit.  Es sollen keine Schulen geschlossen werden! Kurze Beine-kurze Wege, dies wird auch weiterhin gelten. So gibt es bei den vorgeschriebenen Schulgrößen im Gesetz alleine 9 Ausnahmetatbestände!
Diese werden sich vor allem im ländlichen Raum auswirken.
Torsten Wolf versprach alle Anregungen und Probleme aufzugreifen und sich dafür einzusetzen, dass Lösungsmöglichkeiten im neuen Thüringer Schulgesetz einfließen sollen.