Ein Reichsbürger bei "Sonneberg zeigt Gesicht" (SzG) und was dem folgte...

Thomas Heine
Meinungen/Kommentare

... ein Beitrag im Freien Wort, Entsetzen, Empörung allerorten - doch erstaunlicher Weise nicht nur aus SzG-fernen Kreisen, sondern auch von SzG selbst... Eine Zusammenfassung, ein offener Brief und die Reaktionen dazu:

Um Folgendes inhaltlich einordnen zu können, müsste man sich ersteinmal durch diverse Mitschnitte der montäglichen Spaziergänge von SzG ansehen (insbesondere vom 23.11.2020 und vom 30.11.2020 , einen Artikel im Freien Wort vom 26.11.2020 und ein nachgeschobenes Einladungsvideo von SzG vom 02.12.2020 an alle Kritiker zu Gemüte führen. Wer das wirklich möchte, hier die Links:

Den Artikel im Freien Wort kann man online jedoch leider nur mit Abo lesen. Für alle, die diese Einführung durch Selbststudium überspringen wollen hier einen Kurzzusammenfassung:

Beim Montagsspaziergang am 23.11.2020 trat, wie zu hören spontan, ein gewisser Axel Schlimper auf, der seit Jahren in den Thüringer Verfassungsschutzbereichten als Rechtsextremist auftaucht. Vorgeblich war der Grund seiner Wortnahme etwas zu passivem Widerstand sagen zu wollen, was dann aber schnell in eine Richtung abglitt, die man "Wie es zum Putsch kömmen könnte und warum das aber nicht geht, weil die Bundesrepublik kein souveräner Staat ist" beschreiben können. Da er ja Sänger ist und auf einschlägigen Neo-Nazi veranstaltungen als solcher auftritt, kann getrost von einem Potpourri aus Erlebnisbericht Corona-Demo in Berlin unter dem Eindruck von Wasserwerfern, Militärputsch-Gefasel und Reichsbürger-Ideologie bezeichen. Man ließ ihn aussprechen, unterbrach ihn nicht und nicht wenige seiner Aussagen fanden ausdrückliche Zustimmung der Teilnehmenden.
Daraufhin erschien der o.g. Artikel im Freien Wort, in welchem Andreas Beer sehr ausfühlich auif die Rolle Schlimpers in der rechtsextremistischen Szene einging, zu dessen Aussagen am 23.11.2020 und denen von Mitgliedern von SgZ. Darüber hinaus gab es zahlreiche kritische Kommentare auf der Facebook-Seite von SgZ auch im Zusammenhang mit diversen anderen Beiträgen seitens SzG.
Dies alles wurde dann in einem Statement seitens SzG auf dm Montagsspaziergang am 30.11.2020 zum Thema gemacht: "Wir sind schockiert, was wir die letzten Tage alles über uns haben ergehen lassen mussten". Schlimpers Beitrag wurde mit Unwissheit zu seiner Person erklärt, (nicht aber, warum man ihn nicht unterbrach), mehr noch - die Thematisierung, das Schlimper das offene Mikrofon zu seinem Statement am 23.11.2020 nutzte, hätte dazu geführt ihn bekannt zu machen, wie einen Bunten Hund (wenn Ihr mich fragt: Mission erfüllt: Keiner der ihn zukünftig sprechen lässt soll sagen können, er hätte ihn nicht gekannt!). Thematisiert hätte das vor allem die Zitat: "Qualitätspresse und Kommentatoren auf Facebook", die sich "gefälligst schämen sollten"...
Mit der Begründung, dass ein Teil des Videos vom 30.11.2020 ob technischer Probleme nicht veröffentlicht wurden, schob am 02.12.2020 SzG mit einem Video (nur auf Facebook geteilt) eine Einladung an alle Kritiker zum nächsten Montagsspaziergang am kommenden oder einen der folgenden Montagsspaziergänge nach, um dort öffentlich ihre Vorbehalte und Kritiken gegenüber SzG öffentlich zu äußern, um in eine Diskussion eintreten zu können.

Soweit zur Vorgeschichte, denn nachfolgend soll meine Reaktion auf diese Einladung, nämlich mein (bisher nur auf Facebook veröffentlichte) offener Brief an SzG und die Reaktionen von SzG für sich sprechen:


Liebe Mitglieder von Sonneberg zeigt Gesicht,

Danke für Eure Einladung. Miteinander ins Gespräch zu kommen, Argumente und Meinungen auszutauschen ist sicher eine gute Sache. Ich frage mich nur: auf welcher Basis soll das passieren und worüber wollen wir uns austauschen? Ob es Covid-19 nun gibt oder nicht? Ob Covid-19 der kleine oder große Bruder von Influenza ist? Ob die Statistiken von RT-deutsch nun eher an was auch immer liegen als die vom RKI? Ob der Mund-Nasen-Schutz der staatlich verordnete Maulkorb einer „Corona-Diktatur“ ist - oder ob Regencapes unverzichtbarer Bestandteil einer „Wir-fahren-auf-die-Demo-Ausrüstung“ sind und warum ein Regenschirm dabei nicht die letzte Wahl sein sollte?...

Wenn ich über etwas würde reden wollen, dann darüber, dass Aufklärung und Information für mich nicht über tatkräftigem Handeln und Hilfestellung all denjenigen gegenüber steht, die in der von mir nicht geleugneten Corona-Pandemie am stärksten gefährdet oder von den getroffenen Maßnahmen in besonderer Weise betroffen sind. Dies aber nicht auf dem Pikoplatz und schon gar nicht in einem Wettstreit der Argumente.

„Doch Corona ist zum Glück nicht alles, auch wenn es zur Zeit großen Einfluss auf fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens hat. So wollen wir in Zukunft in vielen anderen Bereichen unseren Beitrag dazu leisten, dass unsere Stadt, der Landkreis und die ganze Region noch schöner und lebenswerter werden.“ schreibt Ihr auf Eurer Website. Ich frage Euch: Wann fängt diese Zukunft an?

Wenn Ihr soweit seid zu erkennen, das Euer Montagsspaziergang die Innenstadt für eineinhalb Stunden bunter macht, aber nicht lebenswerter, den Pikoplatz voller, aber nicht schöner – obgleich ihr jedes Recht habt spazieren zu gehen und Eure Meinungen frei zu äußern – wenn Ihr bereit seid Solidarität nicht nur mit denen zu üben, die Eure Meinung teilen, dann können wir gern diskutieren.

Bis dahin: Bleibt gesund!

Antwort von Sonneberg zeigt Gesicht:

Schade, dass Sie unser Angebot mit solch fadenscheinigen Ausflüchten ausschlagen. Offenbar haben Sie uns nie richtig zugehört, denn keine der oben von Ihnen aufgeführten Karikaturen gibt unsere Argumente korrekt wieder.

- Wir leugnen nicht die Existenz von Sars-Cov-2.
- Ein wissenschaftlicher Vergleich von Corona mit anderen Infektionskrankheiten ist selbstverständlich dringend geboten, wenn man zu einer realistischen Einschätzung der Lage kommen will.

- Wir stellen nicht RT-Deutsch den Aussagen des RKI gegenüber, sondern die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse Tausender anerkannter Wissenschaftler. Allein die Great Barrington Declaration wurde von über 12.000 solcher Wissenschaftler unterzeichnet.
- Ob man den MNS nun "Maulkorb der Corona-Diktatur" nennt ist sicherlich Geschmackssache. Warum wir aber zu so einer zugespitzten Aussage kommen, ließe sich in einer öffentlichen Diskussion ja durchaus klären. Zahlreiche Psychologen und Soziologen drücken das zwar gewählter aus, kommen aber im Ergebnis zum gleichen Schluss.
- Und der Verweis auf die Regencapes ist nun wirklich albern, oder? Was für ein belangloser Nebenschauplatz. Natürlich sind Regencapes bei einer Demonstration, bei der mit dem Einsatz von Wasserwerfern zu rechnen ist, ein sinnvolles Hilfsmittel. Und da wir, im Gegensatz zur eher linken Szene, ganz normale Bürger sind, die mit Demonstrationen kaum Erfahrung haben, ist auch der Hinweis darauf sinnvoll. Über die Quelle dieser Aussage werde ich mich jetzt nicht mehr streiten. Dazu ist alles gesagt.

Ich mach an dieser Stelle mal einen Schnitt. Es sollte deutlich geworden sein, dass Ihre Karikatur oben nichts mit der Art von Diskussion zu tun hat, die wir uns vorstellen und wünschen.

Antwort:

Ich habe die Einladung zum Gespräch nicht abgelehnt. Ich habe klargestellt, worüber ich gern reden würde und worüber nicht. Keine meiner anfangs aufgeführten Fragen unterstellte, dass Sonneberg zeigt Gesicht diese oder jene Meinung vertritt. Es sollte nur die Spannbreite all der Themen beleuchten, in denen ich keinen Gesprächsbedarf sehe.
Allerdings haben Sie ja nun in einigen Punkten für Klarheit gesorgt.
„Ein wissenschaftlicher Vergleich von Corona mit anderen Infektionskrankheiten ist selbstverständlich dringend geboten, wenn man zu einer realistischen Einschätzung der Lage kommen will.“
Cui bono - wem nutzt ein wissenschaftlicher Vergleich von Corona mit anderen Infektionskrankheiten und wer sollte ihn ziehen und wofür? Ich sage die Wissenschaft und nur die.
Dumm ist nur, dass wir momentan live on stage miterleben wie Wissenschaft funktioniert und dumm ist, dass Politik - am besten gestern – verlässliche und selbstverständlich wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse als Grundlage für Entscheidungen braucht. Entscheidungen, die eben nicht nur dem epidemiologisch Notwendigen Rechnung tragen müssen, sondern auch den damit verbundenen gesellschaftlichen Folgen.

Damit will ich nicht zum Ausdruck bringen, dass ich mit allen Maßnahmen zur Pandemieeindämmung glücklich wäre, aber z.B. die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes stellt sich für mich schlicht nicht.
Gerade diese Frage steht exemplarisch dafür, was Wissenschaft macht: LERNEN - Erkenntnisse gewinnen. Dazu gehören Erkenntnisse, die Frühere relativieren, revidieren und manchmal auch auf den Kopf stellen… These und Gegenthese, Beweis und Gegenbeweis, Studien und wieder andere Studien, die erstere widerlegen oder vielleicht doch nicht widerlegen, weil sie unter anderen Rahmenbedingungen durchgeführt wurden, weil sie eben auch unter anderen Gesichtspunkten durchgeführt etc. etc…

Dass, was in Wissenschaft und Forschung passiert – auch wenn keiner hinguckt - spielt sich derzeit vor unser aller Augen ab. Und dieses Ringen um die Wahrheit hat unmittelbaren Einfluss auf unser aller Leben. Maske tragen ist sinnlos, Maske tragen hilft, Maske tragen hilft aber nicht immer, Maske für Kinder ist quatsch oder vielleicht doch nicht… Darüber kann auf dem Pikoplatz gern ohne mich diskutiert werden. Ich sehe weder Grund noch Anlass vom Piko-Platz aus oder von sonst woher sich an dieser scheinbaren Kakophonie zu beteiligen:
Wenn auch nur eine Infektion durch das Tragen einer Maske verhindert werden kann und möglicherweise damit ein schwerer Verlauf dieser Krankheit verhindert oder der Tod einen Menschen, dann tue ich das. Punkt. Das mag man als büttelhaft abtun, aber es ist das Mindeste, was ich tun kann meiner Verantwortung gegenüber anderen gerecht zu werden.

Und noch eine Bemerkung zu „Und da wir, im Gegensatz zur eher linken Szene, ganz normale Bürger sind, die mit Demonstrationen kaum Erfahrung haben, ist auch der Hinweis darauf sinnvoll.“ – Was genau soll das bedeuten? Das ich als mutmaßlicher „Angehöriger der eher linken Szene“ (das sollte man bei einem LINKEN Stadtrat vermuten) kein normaler Bürger bin? Dass ich, basierend auf meinem zwangläufig reichen Erfahrungsschatz als Linker in Sachen Demonstrationen weiß, dass der VERMEINDLICH beste Wasserwerferschutz ein Regencape ist? Eine Erkenntnis die Sie sich als „normale“ Bürger erst mühsam über das offene Mikrofon erarbeiten mussten?
Um Ihnen im wahrsten Sinne des Wortes „vor Augen“ zu führen, wie Wasserwerfer normalerweise eingesetzt werden: https://www.spiegel.de/.../stuttgart-21-protest...
Da hilft auch kein Regencape und ganz sicher waren bei den „Stuttgart 21“-Demonstrationen „Angehörige der eher linken Szene“ beteiligt, getragen wurden diese aber von ganz normalen Bürgern wie Sie und ich.

Antwort von Sonneberg zeigt Gesicht:

Nein, Sie haben nicht ausdrücklich abgelehnt. Aber lesen Sie noch einmal Ihren letzten Absatz. Die Hürde für eine Diskussion so zu legen, dass einer der Diskutanten seinen Standpunkt vorher aufgeben muss, kommt faktisch einer Ablehnung gleich. Also streuen Sie hier doch keinen rhetorischen Sand in die Augen.

Antwort:

Nichts anderes erwarten Sie ja von mir, aber sei's drum:
Sie können den Mund-Nase-Schutz nennen, wie sie wollen, solange Sie ihn tragen, nicht aus Angst vor Repressalien, sondern aus Einsicht für die eigene Verantwortung gegenüber anderen. Dies auch möglicher Weise auf die Gefahr hin, am Ende des Ganzen damit doch kein Leben gerettet zu haben. Das Hin und Her der Politik in dieser Sache - so ärgerlich das ist - kann nur unter der Prämisse "Mit dem Schlimmsten rechnen und das Beste hoffen" begegnet werden - also tragen.
Alle Empörungsdebatten über das Für und Wider solcher Maßnahmen können Sie ja gern ohne mich führen.

Für mich kann Gegenstand einer Diskussion nur sein wie wir, persönlich, in Vereinen organisiert oder als lose Gruppe dazu beitragen können durch "tatkräftiges Handeln und Hilfestellungen" all denjenigen zu helfen, die in dieser Krise am stärksten gefährdet oder von den aktuellen Maßnahmen zur Pandemieeindämmung in besonderer Weise betroffen sind.

Sie sagen, Sie müssten dafür Ihren Standpunkt aufgeben - ich sage Sie müssen den Fokus ändern.

Antwort von Sonneberg zeigt Gesicht:

"Sie sagen, Sie müssten dafür Ihren Standpunkt aufgeben - ich sage Sie müssen den Fokus ändern." Sie lügen hier ganz offen. Ist schon drollig.

Ich habe gesagt, der letzte Absatz Ihres Eingangsposts enthält die Aussage, dass Sie zu einer Diskussion bereit sind, sofern wir zuvor unseren Standpunkt aufgeben. Man muss kein Philologe oder Linguist sein, um das zu sehen.

Antwort:

Vielleicht sollten sie diesen Absatz noch mal in Ruhe lesen:
"Wenn Ihr soweit seid zu erkennen, das Euer Montagsspaziergang die Innenstadt für eineinhalb Stunden bunter macht, aber nicht lebenswerter, den Pikoplatz voller, aber nicht schöner – obgleich ihr jedes Recht habt spazieren zu gehen und Eure Meinungen frei zu äußern – wenn Ihr bereit seid Solidarität nicht nur mit denen zu üben, die Eure Meinung teilen, dann können wir gern diskutieren."
Wenn ich sie dadurch aufgefordert habe Ihren Standpunkt zu ändern - an welcher Stelle und welcher Standpunkt genau wäre das?
Fokus (als Synonym für Augenmerk oder Mittelpunkt der Aufmerksamkeit) ist etwas ganz anderes viel umfassenderes. Vieleicht kommen Sie ja von selbst darauf.
Aber ich merke schon: der Ton wird rauer und droht langsam ins Unsachliche abzugleiten. Schade.


Fortsetzung folgt - oder auch nicht...

Thomas Heine