Interview mit Michael Gerstenberger im "Freien Wort"

"Freies Wort"

Gerstenberger will Landkreis-Arbeit transparenter machen

Gerstenberger will Landkreis-Arbeit transparenter machen

Am Sonnabend kürte der Kreisverband der Linkspartei. PDS Michael Gerstenberger zum Kandidaten für die Landratswahl im Mai. Freies Wort sprach mit ihm über seine Pläne für die Entwicklung des Landkreises.

Warum will ein Mann, der Landtagsabgeordneter in Erfurt und Stadtrat in Gera ist, ausgerechnet Landrat
in Sonneberg werden?

Michael Gerstenberger: Nun, Studium, Beruf und nicht zuletzt mein politischer Weg haben mich schon immer viel in Thüringen herumgebracht. Erstmals stand für mich – ich stamme aus Gotha – nach dem Studium die Perspektive, nach Potsdam zu gehen, doch da ich mit Herz und Seele Thüringer bin, wurde dann Gera zu meinem Wohn- und Wirkungsort. Seit 1990 hat mich dann meine politische Laufbahn an viele Orte im Land geführt. So kam es, dass ich allein in den letzten zwei Jahren über 80 000 Kilometer zurück gelegt habe. Ich werde aber dennoch, so ich die Wahl gewinnen sollte, kein Eintags-Landrat sein, denn schließlich müsste ich in einem solchen Falle sowohl mein Landtagsmandat als auch das Stadtratsmandat in Gera aufgeben. Außerdem war ich schon in der Vergangenheit zu zahlreichen Veranstaltungen im Landkreis Sonneberg vor Ort und kenne vor allem die wirtschaftliche Lage der Region sehr gut.

Man kennt Sie als Wirtschafts- und Finanzspezialisten. Werden dies auch die Hauptfelder sein, auf die Sie sich auch vor Ort konzentrieren werden?

Michael Gerstenberger: Sicherlich sind dies zwei der Hauptaufgabenfelder. Aber nicht nur in diesen gilt es, sichtbar zu machen, dass es durchaus Alternativen zu den von der CDU als alternativlos hingestellten Möglichkeiten des Handelns zum zukünftigen Wohl der Region gibt. Auch ist es zwingend notwendig, den Widerspruch hierzu
in Stellungnahmen gegenüber übergeordneten Gremien – zum Beispiel im Gremium der Landräte oder im Landkreistag – sichtbar zu machen. Wichtig
ist es aber auch, die Arbeit des Landratsamtes gegenüber der Bevölkerung transparenter zu machen. Ich sage – ohne dabei das Wirken des bisherigen Landrates schlecht reden zu wollen: Es ist nichts so gut, dass man
es nicht noch besser machen könnte. In der nächsten Legislatur müssen dringend Veränderungen in Verwaltung und Strukturen angepackt werden. Dies ist insbesondere durch
den demographischen Wandel zwingend notwendig. Deshalb sehe ich es auch als positiv an, wenn es weitere Konzentrationsprozesse gibt – so zum Beispiel auch ein kommunales Miteinander von Neuhaus am Rennweg und Lauscha.

Was liegt Ihnen darüber hinaus am Herzen?

Michael Gerstenberger: Zum Beispiel das Schulwesen. Ich bin der Meinung, ein Gesamt- und Ganztagsschulmodell würde dem Landkreis gut stehen. Oder der Tourismus. In diesem Bereich sehe ich durchaus noch Reserven, sowohl hinsichtlich des Ausbaus des Wanderwegenetzes als auch der Möglichkeiten der Museen und der Sternwarte. Doch muss man für all dies neue Wege beschreiten – Wege, die auch die Vereine vor Ort stärker einbeziehen. Bei Analyse der einzelnen Aufgaben im Landratsamt sollte die Arbeit vorangetrieben werden, um für die einzelnen Bereiche realistische Kostenausstattungen zu erreichen, die diesen ermöglichen, auch über die Pflichtaufgaben hinaus noch aktiv tätig werden zu können. Ich denke
da beispielsweise an den Bereich Jugendarbeit. Ich war schon immer für eine realistische Ausgangsdatenbewertung. Denn nur auf eine solche kann sich eine richtige Politik aufbauen.

Nun regiert nicht in jeder

Kommune dieses Landkreises die Linkspartei.PDS. Wie stellen Sie sich zur Kooperation mit den Vertretern anderer Parteien?

Michael Gerstenberger: Ich strebe eine enge Kooperation mit Verbänden, Institutionen, Vereinen, aber auch den Bürgermeistern an, von denen ich die meisten durch meine Landtags- und Abgeordnetenarbeit ohnehin schon persönlich kenne. Aber ich habe damit nicht gewartet, bis die Wahl ansteht. Schon zur Haushaltsdebatte 2005 hat es intensive Gepräche zwischen Politikern sowie allen Bürgermeistern aus dem Landkreis und mir gegeben. Ich will eine vernünftige Zusammenarbeit mit allen Fraktionen. ich habe dies in den letzten 12 Jahren auch in Gera so praktiziert.

Erinnern Sie sich noch
an Ihre erste Begegnung mit Sonneberg überhaupt?

Michael Gerstenberger: Ja, sehr gut. Als Student der Martin-Luther-Universität Halle nahm ich jahrelang an Skikursen in Heubach teil. Dabei kam ich 1975 bis nach Sonneberg. Doch auf dem Weg dorthin stahl man mir mein Portemonnaie mit etlichem Geld und wichtigen Dokumenten. In Sonneberg habe ich es in der Verwaltung wiederbekommen. Es war im Zug gefunden worden. Und auch wenn kein Geld mehr drin war, war ich doch sehr froh, wenigstens meinen Personal- und Studentenausweis wieder zu haben.

INTERVIEW: STEFAN LÖFFLER