Netzaufsicht gehört wieder in die Hand des Landes

Bodo Ramelow und Knut Korschewsky auf der Domäne Schaumburg

Schalkau – „Wir sollten in Thüringen die Netzaufsicht wieder in die eigenen Hände nehmen“, erklärte gestern Bodo Ramelow. Der Vorsitzende der Linke-Landtagsfraktion war am 26. September 2012 gemeinsam mit Landtagsmitglied Knut Korschewsky sowie Michael Stammberger und Astrid Nerlich vom Kreisverband der Partei in der Region unterwegs. Erste Station war die Domäne Schaumburg bei Schalkau, erstes Thema die geplante 380-kV-Trasse durch die Region. Ramelow sieht in der eigenen Netzaufsicht des Landes eine Chance, künftig wieder stärker die Energiefragen vor Ort zu lösen. „Wir könnten damit aber auch Wertschöpfung in die Region holen“, bemerkte Margit Heinz. Die Betreiberin der Domäne unterhalb der Burgruine ist auch Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen die 380-kV-Leitung in Schalkau und nutzte die Gelegenheit des Politikerbesuchs, die Position der Trassengegner darzustellen.

Schnittmengen

Zwischen BI und den Positionen der Linken gibt es durchaus große Schnittmengen – Landrätin Petra Enders (Linke) hatte jüngst einen Baustopp am Trassenverlauf im Ilmkreis gefordert. Indessen räumte Fraktionschef Ramelow ein, dass die Genossen in den nördlichen, Energie produzierenden Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wiederum auf leistungsfähige Netze drängen. Allerdings hätten auch diese, so Ramelow, Verständnis für die Sorgen der Menschen, die künftig mit der Höchstspannungstrasse leben müssen. „Wir müssen uns über die Leitungstrasse verständigen“, sagte Ramelow. „Auch wir wollen den notwendigen Netzausbau nicht verhindern“, stellte Margit Heinz fest. Vielmehr wolle man erreichen, dass ernsthaft technische Alternativen geprüft würden.
Fest stehe, dass es noch immer keine Handlungsfreiheit für den Netzbetreiber 50 Hertz gebe, dass über die Klage der Trassengegener gegen die 380-kV-Leitung noch nicht entschieden sei und das von dem Betriebswirtschaftler Lorenz Jarass, der die Notwendigkeit der Trasse bezweifelt, noch nicht widerlegt sei. Dabei könne die BI im Raum Schalkau auf eine hohe Akzeptanz zählen. Auch die Landwirte, die enorm durch den Flächenverbrauch, insbesondere in Gestalt von zwei Umspannwerken, betroffen seien, haben sich gegen die Trasse positioniert. Allerdings würden viele Menschen abwarten. „Die Leute glauben uns erst dann, wenn die Bagger vor der Tür stehen“, sagte Heinz. Aber klar sei auch, dass sich Tourismus – ein Gebiet, auf dem sich das Schaumberger Land derzeit profiliere – und eine solche Stromtrasse eigentlich ausschlössen.

Unvereinbar

Wenig diskutiert werde die Gesundheitsgefährdung durch die Stromleitung. Die BI wolle darauf künftig stärker hinweisen. Neben technischen Alternativen in der Übertragung hob Heinz vor allem die aus ihrer Sicht kaum genutzten Möglichkeiten einer dezentralen Energieversorgung hervor. Ramelow wiederum sieht auf diesem Gebiet in Thüringen durchaus Potenzial. Die vorhandenen Pumpspeicherkapazitäten seien kaum ausgenutzt und andere Speicher-Alternativen bislang gar nicht in Erwägung gezogen worden.
Explizit nannte der Landespolitiker die Wasserstofftechnologie. Energie könne für die Erzeugung von Wasserstoff verwendet und dieser dann dem bestehenden Erdgasleitungsnetz beigemischt werden. „Das Gasleitungsnetz wäre dann ein riesiger Energiespeicher“, sagte Ramelow.
Entscheidend sei, dass man damit die großen Stromleitungstrassen einsparen könne. Gerade um die lokalen und regionalen Potenziale stärker zum Einsatz zu bringen, sei es notwendig, die an den Bund übertragene Netzaufsicht wieder in die Hände des Landes zu nehmen, sagte Ramelow. Breite Ablehnung Für die 380-kV-Trasse zwischen Altenfeld und Redwitz sind die Raumordnungsverfahren abgeschlossen. Nächster Planungsschritt wäre das Planfeststellungsverfahren, das im Raum Schalkau noch nicht eröffnet wurde. Gegen die Trasse klagen die in der Initiative „Achtung Hochspannung“ zusammengeschlossenen BI’s.
Zwar hat das zuständige Bundesverwaltungsgericht Leipzig einen Eilantrag auf Baustopp abgewiesen, jedoch in der Hauptsache noch nicht entschieden. In der Region haben sich sowohl die Stadt Schalkau wie der Landkreis Sonneberg gegen die Trasse positioniert. Neben der eigentlichen Höchstspannungstrasse, die über den Bleßberg das Schaumberger Land erreichen und über Almerswind weiter nach Oberfranken verlaufen soll, ist ein Umspannwerk zwischen Schalkau und Grümpen geplant. Zusätzlich befinden sich auch eine Bahnstromtrasse und eine weiteres Umspannwerk für diese Leitung bei Roth in Planung.

Nach dem Gedankenaustausch auf der Domäne Schaumburg bei Schalkau statteten die Politiker noch Landrätin Christine Zitzmann (CDU) einen Besuch ab, machten sich kundig über die derzeitigen Bauarbeiten im und am Deutschen Spielzeugmuseum sowie stellten sich am Abend in der Gaststätte „Mariensee“ in Sonneberg den Fragen der Einheimischen.


Text und Foto:

Silke U. Winkler