Erklärung des Kreisvorstandes DIE LINKE.Sonneberg zum Vorschlag des Thüringer Innenministers zur Durchführung der Kreisgebietsreform - „8 plus 4 ist besser als 17 plus 6“

THH
PressemitteilungenKreisvorstand

Der Kreisvorstand Sonneberg der Partei DIE LINKE hat sich auf seiner gestrigen Sitzung mit dem vom Thüringer Innenminister vorgestellten Vorschlag für die Durchführung der Kreisgebietsreform befasst und nimmt dazu wie folgt Stellung:

Der Kreisvorstand Sonneberg der Partei DIE LINKE hat sich auf seiner gestrigen Sitzung mit dem vom Thüringer Innenminister vorgestellten Vorschlag für die Durchführung der Kreisgebietsreform befasst und nimmt dazu wie folgt Stellung:

Die Mitglieder unseres Kreisvorstandes begrüßen den Vorschlag als Grundlage für weitere Diskussionen. Dieser Vorschlag trägt augenscheinlich Hinweisen und Kritiken am ersten Entwurf Rechnung, welcher sich strikt an den Mindestbevölkerungs- und Flächenzahlen des Vorschaltgesetzes orientierte.

Dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse und zukunftsfähige Strukturen in Thüringen zu schaffen, wird der Vorschlag aus Sicht des Vorstands jedoch nicht gerecht. Einem wirtschaftlich starken Gebilde aus dem derzeitigen Wartburgkreis, der Stadt Eisenach und dem Landkreis Schmalkalden-Meinigen steht ein vergleichsweise schwacher Neukreis, bestehend aus der Stadt Suhl (einschließlich Oberhof/Zella-Mehlis) und den Landkreisen Hildburghausen und Sonneberg gegenüber. Dieser Neukreis ist nach Ansicht der Mitglieder des KV dauerhaft vom Wohl und Wehe des Landes abhängig. Nicht nachvollziehbar hält der Kreisvorstand den Vorschlag, Hildburghausen zur Kreisstadt dieses Neukreises zu erklären, welche von allen drei in Frage kommenden Städten infrastrukturell am schlechtesten angebunden ist.

Mehrheitlich bei einer Gegenstimme unterstützt der Kreisvorstand der Sonneberger LINKEN die Bildung von drei Kreisen in Südwestthüringen: a) die Einkreisung der Stadt Eisenach in den Wartburgkreis, b) die Neubildung eines Landkreises aus dem jetzigen Landkreis Schmalkalden –Meiningen und der Stadt Suhl, und c) die Verschmelzung der bisherigen  Landkreise Sonneberg und Hildburghausen zzgl. der im jetzigen Landkreis Saalfeld-Rudolstadt liegenden Kommunen des Altkreises Neuhaus am Rennweg. Diese Variante ist aus Sicht des Kreisvorstandes am ehesten geeignet, zukunftsfähige und in ihrer Wirtschaftskraft ausgewogene Kreisstrukturen im Südwestthüringer Raum zu schaffen und den regionalen Besonderheiten Südthüringens Rechnung zu tragen.

Die Mitglieder des Kreisvorstandes sind sich darin einig, dass die eingeleitete Funktion-, Verwaltungs- und Gebietsreform zwingend notwendig ist. Das sollte auch eine Prüfung und Neubewertung bereits vollzogener Zusammenschlüsse von Städten und Gemeinden im Landkreis einschließen, die sich entweder als Schnellschüsse erwiesen, Ergebnis einseitiger Interessen waren oder eine nachhaltige und sinnvolle Entwicklung anderer Städte und Gemeinden im Landkreis erschweren.

Wenn die selbsterklärte Thüringenpartei an einer Gebiets- und Verwaltungsstruktur festhält, die schon zu ihrer Regierungszeit nicht mehr zu finanzieren war, geschieht dies wider besseren Wissens. Frei nach dem Motto „Wer weniger einnimmt, kann weniger geben“ hat die von ihr geführte alte Landesregierung den kommunalen Finanzausgleich zu Lasten der Kommunen neu geregelt, Stellenabbaupfade für Lehrerinnen und Lehrer, Polizistinnen und Polizisten beschlossen und eine halbherzige Verwaltungsreform der Landesverwaltung in Gang gesetzt (siehe „Reformkonzept Thüringen 2020“).

Dieses Sparprogramm kann nicht ansatzweise die bis 2020 zu erwartenden Mindereinnahmen des Landes ausgleichen, denn die Hauptursachen dafür sind

  • das Auslaufen des Solidarpakt II bis 2019, aus dem Thüringen bis zu 2 Milliarden EUR pro Jahr erhielt,
  • der Wegfall der Erstattungsleistungen des Bundes für Investitionen im Straßenbau, Städte- und Wohnungsbau und im Hochschulbau bis 2019,
  • die anstehende Neuordnung des Länderfinanzausgleichs
  • der Beginn einer neuen Förderperiode der Europäischen Union ab 2020, bei der davon ausgegangen werden muss, dass Thüringen ab 2020 weniger EU-Mittel erhält.

Dieses Reformkonzept war nichts anderes als eine Beruhigungspille vor der nicht ganz ein Jahr später stattfindenden Landtagswahl.

Fakt ist: bis 2020 büßt Thüringen fast ein Drittel der Einnahmen seines Landeshaushaltes ein. Das ist umso tragischer, da bereits gegenwärtig ein Drittel der Haushaltsmittel in die Kommunen fließen.

Den Menschen einzureden, dass man diese Mindereinnahmen allein durch den Stellenabbau bei Lehrern, Polizisten und in der einen oder anderen  Landesbehörde kompensieren könnte und dass eine Gebietsreform unnötig wäre, ist schlicht unredlich. Erst recht dann, wenn eben diese 3 Milliarden Euro an Landeszuweisungen nicht ausreichend sind, um die Kommunen schon jetzt auskömmlich zu finanzieren. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: Thüringen hat in den letzten 25 Jahren nahezu ein Fünftel seiner Einwohner verloren und bei der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung der nächsten 20 Jahre werden bei den dann noch 1,9 Millionen Thüringerinnen und Thüringern nur noch rund 900.000 im erwerbsfähigen Alter sein – zum Vergleich: 2014 waren es noch 1,3 Millionen bei einer Gesamteinwohnerzahl von knapp 2,2 Millionen. Ohne Strukturveränderungen droht Land und Kommunen schlicht der finanzielle Kollaps. Deshalb brauchen wir Verwaltungsstrukturen in Land und Kommunen, die sowohl den Entwicklungen der letzten 20 Jahre Rechnung tragen als auch leistungs- und zukunftsfähig sind.

Die Mitglieder des Kreisvorstandes erklären, der Ausgestaltung der Funktional- und Verwaltungsreform kommt eine weit größere Bedeutung zu  als der Diskussion um Kreiszuschnitte. Sie fordern die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen auf, das vom Landtag verabschiedete Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen (ThürGFVG) zügig anzugehen und mit Leben zu füllen.

 

Michael Stammberger,
Vorsitzender