Kürzungen der kommunalen Finanzmittel unzumutbar!
Erklärung von kommunalen Mandatsträgern der PDS Thüringen zu den geplanten Kürzungen der kommunalen Finanzmittel im Landeshaushalt 2005 vom 10. Februar 2005 in Erfurt
Die Rücknahme der geplanten Kürzungen der kommunalen Finanzmittel forderten PDS-Bürgermeister und Bürgermeister von Bürgerinitiativen während einer Beratung mit der PDS-Landtagsfraktion und dem Kommunalpolitischen Forum Thüringen e.V., die in Erfurt stattfand.
Hierzu wurde eine Erklärung verabschiedet, die dem Ministerpräsidenten und den Fraktionen im Landtag übergeben werden soll.
Die Bürgermeister machten während der Diskussion deutlich, dass die Gemeinden nicht in der Lage sind, die geplanten Kürzungen zu verkraften. Daran ändere auch nichts die von der CDU – Fraktion in Aussicht gestellte teilweise Rücknahme der Kürzungen. „Ob nun 100 EUR pro Einwohner oder nur 90 EUR gestrichen werden, verhindert nicht den finanziellen Kollaps“, so der Bürgermeister von Werther, Klaus Hummitzsch.
Der Bürgermeister von Walldorf, Matthäus Hildebrandt informierte, dass die Gemeinde die Investitionen in diesem Jahr um mehr als die Hälfte kürzen muss. „Selbst wenn alle freiwilli-gen Leistungen der Gemeinde gestrichen werden, kann dem Gemeinderat keinen ausgegliche-nen Haushalt vorlegen werden“, so Hildebrand weiter.
Nicht anders ist die Situation in Straußfurt. Hier kommt hinzu, dass die Gemeinde unerwartete Forderungen des Abwasserzweckverbandes in Millionenhöhe erfüllen muss. „Wenn das Land bei den Kürzungen bleibt, kann ich weder die Rechnung des Zweckverbands bezahlen, noch einem Verein etwas geben“, sagte der Straußfurter Bürgermeister, Wolfgang Heßland.
Die CDU-Fraktion sollte die Ängste und Nöte der Kommunen ernst nehmen und nicht die Augen vor den Realitäten verschließen. „Die Bürgermeister sind keine Berufsnörgler, die un-gerechtfertigte Forderungen stellen, sondern wissen um die mögliche Folgen der geplanten Kürzungen“, ist sich der kommunalpolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion, Frank Kuschel sicher. Die CDU-Fraktion steht weiterhin in der Verantwortung, das finanzielle Überleben der Thüringer Kommunen zu sichern.
Anlage:
Erklärung von kommunalen Mandatsträgern der PDS Thüringen zu den geplanten Kürzungen der kommunalen Finanzmittel im Landeshaushalt 2005 vom 10. Februar 2005 in Erfurt
Mit der Regierungserklärung des Thüringer Ministerpräsidenten vom 9. September 2004 hat die Landesregierung die bis dahin bestehende Solidargemeinschaft mit den Thüringer Kom-munen aufgekündigt.
Die Landesregierung plant 2005 Einschnitte in die kommunale Finanzausstattung, die bisher für nicht möglich gehalten wurden und die die letzten bestehenden Ansätze der kommunalen Selbstverwaltung zerstören.
Die geplanten Kürzungen bei den Landeszuweisungen an die Kommunen von über 200 Milli-onen EUR lassen sich weder durch eigene kommunale Steuermehreinnahmen, die Erhöhung von Gebühren und Entgelten oder vertretbaren Ausgabenkürzungen kompensieren.
Selbst wenn sich alle Thüringer Kommunen von allen freiwilligen Aufgaben trennen, gleicht dies nicht die geplanten Landeskürzungen aus. Letztlich müssten sogar kommunale Pflicht-aufgaben eingeschränkt oder Standards abgebaut werden.
Die kommunalen Steuereinnahmen werden in Thüringen 2005 auf dem Stand des Vorjahres stagnieren. Die Thüringer Kommunen bleiben damit die finanzschwächsten Kommunen aller Flächenbundesländer.
Eine weitere Erhöhung von Gebühren und Entgelten ist auf Grund der Einkommenssituation der EinwohnerInnen nicht vertretbar. Weitere Ausgabenkürzungen bedeuten Leistungsabbau für die Einwohner und die Wirtschaft.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Landesregierung die 2005 beabsichtigten Kürzungen werden durchdacht, noch deren Auswirkungen auf die Kommunen durchgerechnet hat.
Zudem scheuen die Landesregierung und die CDU-Fraktion eine offene Diskussion darüber. Deshalb wurde eine öffentliche mündliche Anhörung zum Entwurf des Landeshaushaltes erstmalig abgelehnt.
Insgesamt muss eingeschätzt werden, dass die Thüringer Kommunen aus eigener Kraft die bestehende Finanzkrise nicht bewältigen können. Die Kommunen brauchen verlässliche eige-ne Steuereinnahmen und faire Finanzbeziehungen zum Land. Nur so kann die kommunale Selbstverwaltung erhalten bleiben.
Auf Grund dieser Situation fordern wir: 1. Die Thüringer Landesregierung und die im Thüringer Landtag vertretenen Frakti-onen werden aufgefordert, die geplanten Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich zurückzunehmen.
2. Die Thüringer Landesregierung wird aufgefordert, sich über die Neugestaltung des kommunalen Finanzausgleiches 2005 mit den kommunalen Spitzenverbänden ab-zustimmen, deren Hinweise ernst zu nehmen und darauf basierend einen neuen Entwurf des Landeshaushaltes vorzulegen. Gleichzeitig ist zu klären, wie der kom-munale Finanzausgleich ab 2006 ausgestaltet werden soll. Nur so ist für die Kom-munen Planungssicherheit zu schaffen.
3. Die Landesregierung wird aufgefordert, über den Bundesrat eine tatsächliche Ge-meindefinanzreform einzuleiten. Dabei muss gesichert werden, dass mindestens ein Drittel der kommunalen Ausgaben über eigene Steuereinnahmen gedeckt werden können.
4. Der Landtag wird aufgefordert, durch Änderungen in der Kommunalordnung das kommunale Haushaltsrecht zu flexibilisieren. Das Prinzip der Jährlichkeit ist dabei aufzuheben. Für so genannte rentierliche Investitionen sind die Möglichkeiten der Kreditaufnahme zu erweitern. Die Bestimmungen der vorläufigen Haushaltsfüh-rung sind so zu fassen, dass Zuschüsse an Vereine und Verbände sowie die Auslö-sung neuer Investitionen ermöglicht werden.
5. Der Landtag muss die Regelungen zur Durchführung und Finanzierung des Stra-ßenwinterdienstes auf Landes- und Bundesstraßen in den Ortslagen neu fassen. Dabei ist zu sichern, dass der jeweilige Straßenbaulastträger auch für die Durch-führung und Finanzierung des Winterdienstes verantwortlich ist.
6. Die Landesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Konzept für eine Funktio-nal-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen vorzulegen und dieses mit den Betroffenen ausführlich zu diskutieren. Im Ergebnis dieser Diskussionen soll eine solche Reform bis 2009 in Thüringen abgeschlossen werden. Ausgangspunkt der Reform ist ein zweistufiger Verwaltungsaufbau.
